Sich selbst im Weg stehen

– Dezember 2015 –

Bisher habe ich geglaubt mit mir selbst klar zu kommen. Habe geglaubt auch allein sein zu können. Allein mit mir selbst. Erst jetzt wird mir klar, dass ich es nicht kann. Ich weiß nicht, ob ich es nicht mehr kann oder schon immer nicht konnte.

Abends alleine einen Film schauen, alleine ins Bett gehen, nicht einschlafen können. Allein mit den Gedanken im Kopf. Nicht abschalten können. Nur auf sich allein fixiert sein. Situationen immer und immer wieder in Gedanken durchkauen. Überlegen was der Fehler war. Bis man eines Abends merkt: Du bist der Fehler. Dein Verhalten ist der Fehler.

Wie sollte jemand dich dir öffnen, wenn du immerzu die Kühle ausstrahlst. Die, die sich nie Gedanken über irgendwas macht. Einfach lebt. Die keine Nähe braucht. Nicht Kuscheln mag, weil es ihr zu intim ist. Die vorgibt leichtlebig zu sein. Vorgibt verkorkst zu sein, keine Gefühle aufbringen zu können. Alles nur damit man nicht noch einmal verletzt wird. Nein. Alles nur damit der andere die Verletzlichkeit nicht sehen kann.

Der größte Fehler war wohl die fehlende Selbstreflektion. Immer sind die anderen schuld. Er will doch keine Beziehung. Er ist der verkorkste. Er ist doch der Beziehungsunfähige. Da gibt es keine Chance für was intimeres als Sex.

Und dann. Ja und dann sieht man das Gegenteil. Nicht er ist schuld. Man selbst ist schuld. Die ernüchternde Antwort auf alles. Man steht sich schon wieder selbst im Weg. Stellt sich schon wieder Steine in den Weg. Stolpert immer wieder. Bleibt sitzen und schaut zu. Als wäre es nicht das eigene Leben, als würde es einem nichts ausmachen. Schon wieder vorgeben, dass man keine Gefühle hat. Nie hatte.

Da sitzt er also mit einer anderen. Der Beziehungsunfähige Herr Busch mit einer anderen. Mit einer hübschen, süßen anderen. Trinkt auf einer Party mit ihr Tee, weil sie beide krank sind. Beide zusammen. Was für ein absurdes Bild. Ich könnte darüber lachen. Aber ich sitze nur da und schaue zu. Schaue zu als ob es mich nicht rühren würde. Als ob mir nicht die Brust schmerzen würde. Als ob mir nicht das Herz schmerzen würde. Ich sitze nur da und rede mit ihnen. Zeige ihm, dass es mir nichts ausmacht. Lache. Lächle. Zeige alles, aber nicht das was wirklich in mir vorgeht. Schaue noch immer zu, schaue ihm zu. Sehe ihn, nur ihn.

Unsere Blicke treffen sich. Ich lächle. Er lächelt. Mein Herz zerreißt. Ich lächle mein freundlichstes Lächeln. Unsere Blicke trennen sich. Mein Lächeln verschwindet. Mein Verstand schaltet sich wieder ein. Er befiehlt meinem gelähmten Körper aufzustehen, nicht mehr zuzuschauen. Ich lächle noch einmal nett in die Runde und gehe. Suche mir einen anderen. Einen anderen Fehler.

 

22 Gedanken zu “Sich selbst im Weg stehen

      1. Nee du bist viel zu hart zu dir. Verkorkst. Schuld. Fehler. Was soll das? Nur Sex macht dich nicht glücklich. Alleine sein auch nicht. Das weißt du jetzt. Fortschritt.

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      2. Mag sein, dass ich zu hart bin, aber ich bin sauer so unehrlich mir gegenüber gewesen zu sein. Aber ja es ist ein Fortschritt, ein später, aber es ist einer 🙂

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  1. Meine Güte,
    du darfst doch auch mal Fehler machen. Grad, wenn man noch jung ist. Und draus lernen. Und das machst du wohl gerade.

    Eine Erkenntnis: du willst nicht nur Sex allein. Du hast einen Panzer um dich herum aufgebaut, nur um nicht verletzt zu werden. Der Panzer ist gut – stört aber in manchen Situationen.

    Das ist wie mit einer Rüstung. Man kann sich eine derartige Rüstung verschaffen, dass man unverletzlich wird. Bewegen wird man sich in ihr allerdings kaum können. Ergo: gewissen Risiken gehören zum (Liebes-)Leben dazu. Verletzt werden wohl auch. Wenn eine Verletzung eintritt, kannst du sie aber anders bewerten und anders verarbeiten – das wäre vielleicht eine Möglichkeit, dann nicht wieder sofort deinen Panzer zu schließen. Und lass dich im Leben nicht rumschubsen, sondern triff selbst die Entscheidungen. Agieren, reagiere nicht nur.

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      1. Zulassen, verletzt zu werden – ich glaub, das geht einigen/vielen so. Ist halt dann immer die andere Seite der Medaille – oder: wo Licht ist, ist Schatten. Ist das Licht stark, ist der Schatten ebenso stark.

        Wichtig ist ja, dass man nicht dagegen anarbeitet, denn wie willst du Vertrauen/eine Beziehung oder ähnliches aufbauen, wenn du dich total zugeknöpft gibst? Geht meiner Meinung nach nicht. Und nicht jeder interessiert sich stundenlang für einen, dem er auch noch alles aus der Nase ziehen muß. Also hat jeder sein gewisses Maß an Offenheit. Und das bedingt eben auch eine gewisse Verletzbarkeit (oder eine Chance auf einen ebensolche). Kommt man nicht umhin.

        Aber so wie es im echten Leben allerlei für Verletzungen gibt, findest du sicherlich auch Äquivalente für solcherlei. Das danach Suchen und Finden ist wahrscheinlich das Anstrengendste. Hilfreich könnte zum Beispiel sein, ein Scheitern nicht als persönliches Fiasko aufzufassen. Manches Mal paßt es eben einfach nicht – dafür sind die Menschen ja nun mal unterschiedlich …

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      2. Ja manchmal passt es für den einen und für den anderen nicht. Das ist das schlimmste an allem, denn dann ist einer verletzt und der andere nicht.

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      3. Dann sieh zu, dass du diejenige bist, die nicht verletzt ist, wenn es daran liegt, dass es eben nicht paßt.
        Oder nein: fasse es nicht als persönliches Fiasko auf. Verletzt sein darfst du ruhig – solltest dann aber auch wieder gesunden.
        Ich könnt ja noch anfügen, die Zeit heilt die Wunden. Alt, abgedroschen – aber auch wahr. Wird schon. Und dein Traumprinz taucht sicher auch irgendwann auf.

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      4. mir musste erst mal bewusst werden, dass ich überhaupt wieder eine Beziehung will und dann kam das Problem auf mit wem ich sie will. Mir war bis zuletzt nicht klar, dass ich eine Beziehung mit Herrn Busch will und nicht einfach nur mit irgendjemandem. Und jetzt ist es ohnehin zu spät. Mir gehts auch kaum mehr so schlecht wie die letzten Tage. Es geht weiter. Ich weiß jetzt was ich will und was ich ausstrahlen und kommunizieren will.

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    1. Es war zu absurd um es gleich zu verstehen. Erst zwei Tage später ist es über mich gekommen. Erst dann habe ich begriffen, was ich gesehen habe und was das überhaupt bedeutet.

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