Die Erkenntnis

– Oktober 2020 –

Ich bin wieder in Deutschland angekommen. Morgen sehen wir uns endlich wieder. Geplant ist Sushi essen zu gehen und dann einen gemütlichen Abend bei mir zu verbringen. Er wird sogar die Nacht bei mir bleiben und den nächsten Tag bei mir verbringen. So ein bisschen Coworking. Ich arbeite und er lernt. Ich bin zwar gespannt wie das funktionieren soll, freue mich aber so übermäßig auf ihn, dass er mir ohnehin egal ist.

Als er dann endlich vor meiner Tür steht, kann ich mich kaum halten. Mein Herz zerplatzt gleich vor Freude. In meinem Kopf fährt die Achterbahn hoch und runter, sodass mir sogar schwindelig wird. Die Schmetterlinge in meinem Bauch sind kurz davor auszubrechen. Mein Grinsen im Gesicht tut schon fast weh. Ich drücke ihn fest an mich, während er mich hoch hebt und mir den ersten Kuss aufdrückt. Ich bin so überwältigt, dass ich kaum etwas sagen kann. Also stehen wir da erst mal genau so und schauen uns abwechselnd in die Augen und küssen uns. Was für ein wunderbarer Mann, dass er mich so fühlen lässt, denk ich mir. Es ist fast wie in einem Traum, der jetzt endlich Realität ist.

Bevor wir losgehen machen wir es uns noch etwas gemütlich auf meinem Sofa. Reden etwas über meinen Urlaub, bis er mich schlichtweg über meine Zukunftspläne ausfragt. Wann kannst du dir vorstellen zu heiraten? Wann und wieviel Kinder? In welchem Stadtbezirk willst du wohnen? Wieviel Zimmer? Was für ein Familienauto willst du haben? Ich bin überfordert, aber fast zu gleichen Maßen glücklich, dass er mich diese Dinge fragt und mir von seinen Vorstellungen erzählt. Die Zukunft vor meinen Augen nimmt richtig Gestalt an. Ich kann mir diesen Mann für immer an meiner Seite vorstellen, mit ihm eine kleine glückliche Familie gründen. Ich denke daran, dass ich mir noch vor paar Monaten den Kopf darüber zermartert habe, kaum glauben konnte, dass ich jemanden finden werde, mit dem alles Sinn machen wird. Der meine Wunden alle verschließen wird. Und dann ist er nun endlich da. An meiner Seite und mich mit einem Blick anschaut, von dem jede Frau nur träumen kann. Eine Mischung aus Begehren, Liebe und Interesse. Ich kann gar nicht anders, als ihn die ganze Zeit zu küssen. Irgendwie muss ich ja diese überschüssige Energie, die mein Körper unentwegt produziert los werden. Mein ganzer Körper, mein ganzes Sein, besteht in diesem Moment aus Glück.

Natürlich führt das eine zum anderen, bis man auf einmal nackt und von der Lust getrieben im Bett liegt. Einerseits total animalisch aufeinander zugeht, aber dennoch jede Berührung in sich aufsaugt. Jede Berührung auskostet und ins vollste wahrnimmt. Ich hatte schon wirklich sehr guten Sex bisher, aber dieser hier ist einfach Mindblowing. Nicht nur der Orgasmus, sondern der ganze Akt. Angefangen vom ersten Kuss, bis hin zu dem Zeitpunkt, wenn es vorbei ist und man nur noch zufrieden im Arm des jeweils anderen liegt. Total verschwitzt, aber dennoch eng umschlungen. Leise, aber mit tausend Eindrücken, die Glück versprühen. Im Ohr der Herzschlag des anderen, der mit jeder Minute wieder seinem normalen Takt näher kommt. Sich dieses unglaubliche Gefühl der Geborgenheit im Inneren ausbreitet und man jedes Problem, das mal war oder auch kommen mag einfach vergisst. Man in diesem Moment ankommt und alles andere an Wichtigkeit verliert.

Als ich noch daran denke, dass ich niemals mehr dieses Gefühl missen möchte, flüstert er mir ins Ohr. „Das ist so unglaublich mit dir. Ich will nie wieder Sex ohne Gefühle haben.“ Auf diese Aussage macht sich die Erkenntnis in meinem Kopf breit. Ja! Sex mit Gefühlen. Umso stärker die Gefühle, desto besser der Sex?! Zumindest wenn dann auch die Rahmenbedingungen stimmen, vielleicht? Auf jeden Fall, machen die Gefühle den Sex erst zu etwas besonderem.

Später im Sushi-Lokal, kommt mir seine Aussage zum „deckeln“ in den Kopf. Er will es erst offiziell machen, wenn wir zusammen essen sind und so weiter. Anders als ich erwartet hätte, spricht er es nicht an. Weil es mir ohnehin nicht so wichtig ist, spreche auch ich es nicht an. Warum muss man es auch aussprechen, wenn man sich schon so verhält. Wir sind wie ein Pärchen essen, laufen sogar Hand in Hand durch die Stadt. Schlafen aneinander gekuschelt ein und wachen genau so auf. Dafür braucht es keine Erklärung. Es ist nämlich offensichtlich.

11 Gedanken zu “Die Erkenntnis

    1. Also wenn die Story hier vorbei wäre, dann wäre doch auch die Beziehung vorbei oder? Die Befürchtung habe ich zwar leider auch, aber irgendwie hoffe ich einfach und ignoriere die pessimistische Stimme. 🙂

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      1. Ja stimmt. Ich meinte damit nur dass ich noch nicht an ein Ende a la „… und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende“ noch nicht ganz glaube. Es aber natürlich sehr hoffe. 🙂

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      2. und schließlich ist ja auch erst Oktober. Vielleicht bin ich auch nur so spät zum schreiben gekommen, weil ich jetzt beschließe den Single-Blog zu beenden und die glückliche Zeit genossen habe…
        Ich tippe mal fleißig weiter. Fortsetzung folgt hoffentlich in Kürze.

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  1. Wenn jemand nicht bereit ist bei sowas den Deckel zu zumachen ist das für mich eigentlich immer ein eingutes Zeichen. Wünsche es euch natürlich nicht aber vermute fast da da was im Hintergrund schwebt warum er sich noch nicht sicher genug ist den Deckel zuzumachen

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